Am 19. Mai 2023 meldete der japanische Amateurastronom Koichi Itagaki die Entdeckung einer Sternexplosion in der Galaxie Messier 101, auch bekannt als Feuerrad-Galaxie. Diese Galaxie befindet sich etwa 21 Millionen Lichtjahre entfernt im Sternbild des Großen Bären, auch bekannt als Großer Wagen. Aufgrund der begrenzten Geschwindigkeit des Lichts, die etwa 300.000 Kilometer pro Sekunde beträgt, erreichte uns das Licht der Supernova erst jetzt, obwohl die eigentliche Explosion bereits vor 21 Millionen Jahren stattgefunden hat.
Das Liverpool-Teleskop auf La Palma wurde nur wenige Stunden nach der Entdeckung durch Itagaki eingesetzt, um die Supernova genauer zu analysieren. Die Ergebnisse zeigten, dass es sich um eine Supernova vom Typ II in einem frühen Stadium handelt. Nachdem der Kern eines Sterns, der mindestens das Achtfache der Masse unserer Sonne aufweist, seinen Lebenszyklus abgeschlossen hat, geht ihm der nukleare Brennstoff aus. Infolgedessen kommt es zu einem Kollaps des Kerns, der entweder einen Neutronenstern oder ein schwarzes Loch bildet und zur Explosion des Sterns führt. Diese Art von Supernova wird als Kernkollaps-Supernova bezeichnet. Bei diesem Zusammenbruch wird eine enorme Menge an Energie und Materie in den umgebenden Raum freigesetzt. Die jetzt entdeckte Supernova erhielt den Namen SN2023ixf.
Supernovae sind in Galaxien eher seltene Ereignisse und treten durchschnittlich nur ein- bis dreimal pro Jahrhundert auf. Eine Ausnahme bilden jedoch Galaxien, in denen in jüngster Vergangenheit eine hohe Anzahl von Sternen entstanden ist. In solchen Galaxien können aufgrund der erhöhten Anzahl massereicher Sterne häufiger Sternexplosionen auftreten. Der Begriff „Nova“ bedeutet im übertragenen Sinne „neuer Stern“, da früher tatsächlich angenommen wurde, dass ein neuer Stern entstanden sei. Bei einer Supernova kann die Helligkeit des Sterns um das Milliardenfache ansteigen. Obwohl sie eine immense Leuchtkraft besitzt, stellt die Supernova SN2023ixf aber keine Gefahr für die Erde dar. Mit bloßem Auge ist sie jedoch nicht am Himmel zu erkennen. Durch ein Amateurteleskop hingegen ließ sich ein Lichtpunkt beobachten, der auf die Supernova hinweist.
Wir hatten lange Zeit auf eine Supernova-Explosion des markanten Sterns Beteigeuze im Sternbild Orion gehofft. Trotz wiederholter Berichte in den Medien ist Beteigeuze jedoch bisher nicht explodiert. Daher waren wir umso begeisterter über die kürzlich entdeckte Supernova und beschlossen Ende Juni, den Lichtpunkt in der Feuerrad-Galaxie selbst zu beobachten. Besonders spannend war die Aussicht, dass die Sternenexplosion in den kommenden Tagen noch heller werden und noch mehrere Monate lang sichtbar sein könnte. Zu diesem Zweck nutzten wir sowohl die Teleskope in der Volkssternwarte Hochtaunus als auch private Amateurteleskope sowie ein 120 mm Großfernglas (Bino) auf dem Beobachtungsplatz am Wanderparkplatz in Wehrheim Pfaffenwiesbach.
In der Volkssternwarte hatten wir die Möglichkeit, die Galaxie Messier 101 mithilfe der vorhandenen computergesteuerten Montierung direkt anzusteuern. Dort galt es lediglich, die genaue Position der Supernova zu lokalisieren. So wurde die Supernova auch kürzlich den Besuchern beim öffentlichen Beobachtungsabend an der Sternwarte gezeigt. Auf dem Beobachtungsplatz in Pfaffenwiesbach hingegen suchten wir manuell nach der Galaxie Messier 101. Diese befindet sich an der Deichsel des Großen Wagens. Wir begannen unsere Suche, indem wir zuerst den markanten Doppelstern Mizar/Alkor in der Deichsel anpeilten und anschließend per Starhopping von einem Stern zum nächsten navigierten, um schließlich zur Feuerrad-Galaxie zu gelangen.
Dort angekommen wurde die Galaxie im Okular als verwaschenes Fleckchen sichtbar. Durch indirektes Sehen, bei dem das Licht nicht auf den blinden Fleck im Auge fällt, war es sogar möglich, die Spiralstruktur der Galaxie zu erkennen. Glücklicherweise befanden sich im Gesichtsfeld des Okulars zwei hellere Sterne, an denen wir uns orientieren konnten. Vorher hatten wir Fotografien gemacht, auf denen diese beiden Sterne zusammen mit der Supernova ein nahezu gleichseitiges Dreieck bildeten. Die Supernova befand sich im oberen Spiralarm der Feuerrad-Galaxie, und genau so konnten wir es auch im Okular sehen. Besonders beeindruckend war die Tatsache, dass das Licht der Supernova bereits vor 21 Millionen Jahren ausgesendet wurde. Es war faszinierend, sich vorzustellen, welche Ereignisse sich in dieser Zeit auf der Erde abgespielt haben. Die Kontinente hatten noch nicht ihre heutige Form, und die langsame Bewegung der Kontinentalplatten führte zur Bildung von Gebirgen und zur Veränderung der Ozeane. Während also das Licht der Supernova seinen Weg durch das Universum nahm, konnten wir uns lebhaft vorstellen, dass in dieser langen Zeitspanne bedeutende geologische Veränderungen auf unserem Heimatplaneten stattgefunden haben.
Die Taunus Zeitung berichtete am 21. Juli 2023 in der Print-Ausgabe über unsere Beobachtung der Supernova in M101: